Wo Reisende gerne rasten: Beim Besuch des Autohofs Strohofer in Geiselwind kommt es zu Begegnungen mit gestressten Urlaubern, skeptischen Fernfahrern und einem Hundewelpen.

Ich blicke in das ratlose Gesicht von Laslo Dezsan. Der etwa 40-Jährige lächelt entschuldigend aus der Fahrerkabine seines Lastwagens. Meine Fragen versteht er nicht – weder auf Deutsch noch auf Englisch. Dass das Publikum am Geiselwinder Autohof international ist, war mir schon beim Blick auf die Nummernschilder klar. Richtig bewusst wird es mir jedoch, als mich mit Laslo der dritte Fahrer ratlos ansieht.

Wer wohin unterwegs ist, will ich am Ende der Ferienzeit auf dem Erlebnis-Rasthof Strohofer an der A 3 bei Geiselwind herausfinden. Dabei kommt es – trotz Sprachbarriere – zu Begegnungen mit bisweilen misstrauischen Brummifahrern, entspannten und gestressten Urlaubern – und einem Hundewelpen. Verschüttet geglaubte Sprachkenntnisse tauchen unvermutet wieder auf.

Quer durch Europa: Michaela Sirmaci ist mit Ehemann und Kindern unterwegs von Rumänien nach England - am Autohof Strohofer vertrat sich die Familie die Beine.Das englische Kennzeichen eines blauen Volvos verrät mir, dass es diesmal mit der Verständigung klappen müsste. Und tatsächlich: Michaela Sirmaci kommt aus Rumänien, lebt aber mit Ehemann und vier Kindern in London – und spricht perfekt Englisch. Im Urlaub haben sie Verwandte besucht und sind auf der Rückreise auf die Insel. Die junge Frau ist sichtlich erholt und erklärt, dass sie in jedem Land mindestens einen Zwischenstopp einlegt. „Damit die Kinder was von Europa kennenlernen.“

Am Vormittag haben sie Passau besichtigt und fanden es im Gegensatz zum lauten London „schön ruhig“. Bei Geiselwind hat das Ehepaar angehalten um zu tanken und die Kinder im Alter von vier bis zehn Jahren mit Bewegung von der Kinderfrage schlechthin abzulenken: „Mama, wann sind wir endlich da?“

„Bei uns findet das ganze Leben statt.“ Seniorchef Anton Strohofer über den Autohof.

Ein Ehepaar mit Münchner Nummernschild hat das Tanken erledigt, für ein Gespräch weder Zeit noch Lust. Die Mutter setzt ihr Baby gerade in den Kindersitz auf der vollgepackten Rückbank, sagt hastig: „Wir sind unterwegs in die Ferien und müssen schnell weiter“. Willkommen im Urlaubsstress!

Am Reisestress könnte es auch liegen, dass ich bei meinem Besuch in Geiselwind niemanden in der Autobahnkirche antreffe. Dabei ist gerade dieses Gebäude des Autohofs eine Oase der Ruhe. Unternehmerin Michaela Strohofer, auf deren Initiative die Kirche gebaut wurde, hat beobachtet, dass vor allem Manager auf Geschäftsreise die Kirche nutzen, um Kraft zu schöpfen. „Auch Taufen und Aussegnungen haben wir hier schon erlebt. Bei uns findet das ganze Leben statt“, sagt Seniorchef Anton Strohofer stolz.

Mit Nadezhda Ivanova und Miroslav Marinov aus Bulgarien klappt die Unterhaltung problemlos. Das Pärchen studiert Deutsch im nordrhein-westfälischen Siegen. In den Semesterferien besuchen sie ihre Familien in Bulgarien. Dafür legen die beiden über 2000 Kilometer mit dem Auto zurück. Mit Staus und Autobahnbaustellen kein leichtes Unterfangen. Das Essen für die Rast haben sie im Kofferraum mitgebracht und vertreten sich mit dem Brot in der Hand die Beine.

Das Gelände erkundet auch Zara, die aufgeregt alles Neue beschnüffelt. Mit dem neun Wochen alten Spaniel-Welpen sind Astrid Maier und Magdalena Zimmermann unterwegs. Sie haben Zara bei Düsseldorf abgeholt und sind auf dem Rückweg nach Österreich. Auf der rund zehnstündigen Fahrt halten sie mit dem Hundemädchen alle zwei Stunden an. Bei Geiselwind sind sie aber nicht nur wegen des Hundes von der Autobahn abgefahren, sondern wie viele andere, um zu Tanken.

Doch der Autohof ist nicht nur Durchgangsstation. Thomas Erhard aus Schweinfurt trifft sich hier einmal wöchentlich mit Freunden zum Saunen und der Geiselwinder Ambros Eigenschenk erzählt, dass er im Restaurant des Autohofs oft Brotzeit macht. Das Ehepaar Alt aus Frankfurt übernachtet im Hotel Strohofer, um mit Sohn Alexander vor dem neuen Schuljahr noch einen schönen Ferientag im Freizeitland zu verbringen.

Bei den Fernfahrern ist der Ort das ganze Jahr hindurch gefragt. Auf dem weitläufigen Gelände finden sie immer einen Parkplatz für ihre Ruhezeiten, so der Seniorchef. Doch mit den Fernfahrern ist – nicht nur wegen der Sprachprobleme – gar nicht so leicht ins Gespräch zu kommen. Meinem Block und dem Bleistift begegnen sie mit Misstrauen.

Nach kurzem Zögern erzählt Gerhard Farenbach aus Eschwege bei Fulda, dass er Geiselwind seit über 20 Jahren anfährt. Wie die meisten Berufskraftfahrer ist er auf seinen Fahrten europaweit unterwegs. „Hier gibt's alles für Auto und Fahrer“, sagt er.

Entspannung: Nach der Fahrt über die überfüllten Autobahnen macht der junge rumänische Lastwagenfahrer Aldea Raul Rast in Geiselwind.Zum ersten Mal ist dagegen der 24-jährige Rumäne Aldea Raul mit seinem Lkw bei Strohofers. Da er weder Deutsch noch Englisch spricht, unterhalten wir uns auf Italienisch. Ich muss die Sprache erst aus den Tiefen meines Gedächtnisses kramen. Der junge Mann spricht es nach vielen Fahrten in den Süden perfekt.

Er transportiert Dünger nach Rumänien und macht gerade seine große Pause von neun Stunden. Nun hat er Zeit, mit seiner Verlobten zu telefonieren. Zu Hause bleiben ihm nur etwa sechs Stunden, bevor die nächste Tour startet, erzählt Aldea. Er will demnächst wieder hier rasten.

Auf dem Weg zu meinem eigenen Auto tippt mir jemand auf die Schulter. Es ist Laslo Dezsan. Er hat einen Teil seiner großen Pause genutzt, um einen Kollegen aufzutreiben, der gebrochen Deutsch spricht. Mit dessen Hilfe kann der Ungar mir nun sagen, dass er Autos nach Belgien transportiert und zweimal pro Monat hier anhält. Stolz präsentiert er seinen Autotransporter. Mit der Sprachbarriere ist auch die Ratlosigkeit verschwunden.

Autohöfe
In Deutschland gibt es 187 Autohöfe mit Hinweisschildern an der Autobahn. Autohöfe haben an 365 Tagen 24 Stunden geöffnet. Sie können – anders als Raststätten, die direkt an der Autobahn liegen – von beiden Fahrtrichtungen aus angefahren werden. Autohöfe sollten laut Straßenverkehrsordnung nicht weiter als einen Kilometer von der Autobahn entfernt sein.

Den Geiselwinder Autohof gibt es seit 1981. Er gilt mit 140 Hektar Fläche als der größte Europas. Neben zwei Tankstellen und zahlreichen Stellplätzen gibt es dort unter anderem Autobahnkirche, Event-Halle, Hotel, Lkw-Drive-in, Restaurant, Sportplatz, Waschanlage und Werkstatt. Demnächst wird eine Wasserstofftankstelle eröffnet. Bei Strohofers finden zudem regelmäßig Konzerte und Festivals statt.

 

Fotos: Anna-Lena Herbert | Text/Quelle: infranken.de

 

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